Kernkraftwerke sind kalorische Kraftwerke (Wärmekraftwerke), wie auch Kohle-, Öl- oder Gaskraftwerke. Der Generator wird über Dampfturbinen angetrieben. Dazu muss Wasser in großen Mengen erhitzt werden. Dieses Prinzip haben alle der genannten Kraftwerke gemeinsam. Bei einem Kernkraftwerk wird die Hitze durch Kernspaltung erreicht, wobei als Brennstoff in Leichtwasser-Reaktoren, wie sie in Deutschland verwendet werden, Uran-235 verwendet wird. Dieses mit langsamen Neutronen leicht spaltbare Isotop ist allerdings nur zu einem Anteil von rund 0,7% in natürlichem Uran enthalten. Ein Brennelement benötigt jedoch einen Uran-235-Anteil von ca. 3%. Dies wird durch die so genannte Anreicherung erreicht.

Aufgrund der hohen Energiemengen, die durch die Kernspaltung freigesetzt und genutzt werden können, ist der hohe Aufwand für die Gewinnung des Urans und Nutzbarmachung wirtschaftlich. Umstritten sind allerdings bereits in der Abbau-Phase die potenziellen Beeinträchtigungen der Umwelt sowie die gesundheitlichen Risiken, denen die Bergarbeiter ausgesetzt sind.

Urangewinnung

Uranerz ist in sehr weiten Teilen der Welt zu finden. Bis 1992 wurde Uran auch in Deutschland, unter anderem in Thüringen und Sachsen gefördert. Heute sind Australien, Brasilien, die USA, Mittel- und Südamerika, Schweden und Russland die wichtigsten Lieferanten.

Gewonnen wird Uran sowohl im Tagebau als auch in Minen Untertage. In vielen Fällen kann Uran gewissermaßen als „Nebenprodukt“ mit anderen wirtschaftlich interessanten Rohstoffen wie zum Beispiel Gold abgebaut werden.

Der Abbau in unterirdischen Minen bringt zwei wesentliche Herausforderungen mit sich: Zum einem bereiten Grundwassereinbrüche Probleme. Das Wasser kann nicht einfach nur aus der Grube abgepumpt werden, sondern es müssen darin gelöste giftige Schwermetallverbindungen berücksichtigt werden. Darüber hinaus entsteht durch Zerfall von Uran Radon-Gas. Besonders in den frühen Jahren der Urangewinnung stellte ein recht sorgloser Umgang mit diesen Nebenprodukten eine Belastung für die Umwelt und für die Gesundheit der Bergarbeiter dar. In politisch instabilen Ländern kann auch heute eine Einhaltung von Umweltschutzmaßnahmen keineswegs garantiert werden.

Doch auch der Uranabbau in Tagebau-Minen ist nicht problemlos möglich und auch hier stellen Umweltschutz und Gewinnstreben meist in unüberwindbaren Fronten gegenüber. In der australischen Ranger-Uran-Mine wird beispielsweise von regelmäßigen Hochwassern berichtet, die den Erzschlamm auch in die benachbarten Naturschutzgebiete spülen Der Abbau wird dennoch fortgesetzt.

Ein scharf diskutiertes Thema ist die gesundheitliche Belastung der Bergarbeiter. Sogar in Deutschland müssen sich noch heute Gerichte mit Klagen Betroffener auseinander setzen, die für die Wismuth AG in Thüringen und Sachsen bis 1992 Uran abbauten. Uran-Feinstaub und das Inhalieren von Radon führten offenbar erst Jahre später zu Krebsfällen. Zu kritisieren ist in diesem Zusammenhang die Langfristigkeit der Verfahren und der große Widerstand gegen Entschädigungen.

Vom Uranerz zum Brennelement

Der Anteil des verwertbaren Uran im Erzgestein ist relativ gering. Als reines Element kommt Uran zudem in der Natur nicht vor. Die Uran-Verbindungen werden deshalb auf chemischem Wege aus dem Gestein gelöst. Dieses wird zuvor gebrochen und zu feinem Staub zermahlen. Unter Zusatz eines Oxidationsmittels wird das Uran dann in einer Säure oder Lauge aufgelöst und in verschiedenen Verfahren von den Begleitstoffen getrennt. Es verbleibt eine uranhaltige Flüssigkeit, aus der durch weitere Zusatzstoffe ein Produkt mit sehr hohem Urananteil entsteht. Ein Beispiel ist Ammoniumdiuranat (NH4)2U2O, das in getrockneter Form wegen seiner gelben Farbe auch den Namen „Yellow Cake“ erhalten hat.

Der Yellow Cake hat eine „technische Reinheit“ von rund 80% Uran, das jedoch zu rund 99,3% aus dem Isotop Uran-238 besteht und nur zu einem geringen Anteil, nämlich rund 0,7% das in Leichtwasserreaktoren zur Kernspaltung benötigte Uran-235 beinhaltet. Ammoniumdiuranat ist allerdings für eine Anreicherung des Uran-235-anteils auf 3% bis 5% nicht geeignet und wird deswegen mit weiteren chemischen Verfahren in Uranhexaflorid UH6 umgewandelt (man spricht von der Konversion). Uranhexaflourid ist farblos und liegt in kristalliner Form vor, allerdings sublimiert es bei 56,5°C und geht in den gasförmigen Zustand über. Damit kann Uranhexaflourid durch Filterung recht einfach von verbliebenen Feststoffen getrennt werden. Durch Ausfrieren werden zusätzlich andere Gase heraus gefiltert. Das Endprodukt dieser Reinigung hat eine Reinheit von rund 99,5%.

Für die eigentliche Anreicherung des Urans gibt es verschiedene Verfahren. Das bekannteste Verfahren, was unter anderem durch Medienberichte zum Nuklearprogramm des Iran in der breiten Öffentlichkeit bekannt wurde, ist die Anreicherung in der Gaszentrifuge. Hier wird das Uranhexaflourid im gasförmigen Zustand verarbeitet.

Das Prinzip der Gaszentrifuge beruht auf die geringen, aber dennoch vorhandenen Masseunterschiede der Uran-235- und Uran-238-Isotope. In einem rotierenden Gefäß (mehr als 90.000 Umdrehungen pro Minute, was dem 30 fachen eines sportlich betriebenen Kfz-Motors auf der Autobahn entspricht) werden durch die entsprechend verschiedenen Kräfteverhältnisse Uranhexaflourid-Moleküle mit Uran-238-Isotopnen nahe der Wand der Zentrifuge, die leichteren mit Uran-235 eher im Zentrum konzentriert. Durch zusätzliche Erwärmung des unteren Zentrifugenbereiches kann das Gas mit dem höherenUran-235-Anteil am oberen Ende aus dem Zentrum entnommen werden. Das abgereicherte Gas wird am unteren Ende der Zentrifuge abgeleitet.

Um Uran in wirtschaftlichen Mengen mit dem Isotop Uran-235 anzureichern, werden komplexe Zentrifugenanlagen benötigt. Die einzelnen Zentrifugen sind meist relativ schmal, aber sehr lang, wobei die Länge aufgrund der hohen Drehzahlen je nach Material physikalischen Grenzen unterworfen ist. In einer Zentrifugenanlage werden hunderte dieser Röhren kaskadiert. Eine serielle Anordnung bewirkt eine höhere Anreicherung. Die parallele Anordnung erhöht den Durchsatz und damit die Menge des angereicherten Stoffes.

Das so angereicherte Uranhexaflourid ist nun der Ausgangsstoff für die Brennelementherstellung. Bei der eigentlichen Herstellung der Brennelemente wird das Uranhexaflourid mit Wasser, Kohlendioxid und Ammoniak in einer chemische Reaktion in Ammonium-Uranyl-Carbonat (AUC) überführt. Durch Erhitzen wird neben weiteren Stoffen Urantrioxid freigesetzt, was in einer Wasserstoffatmosphäre zu Urandioxid reduziert wird. Urandioxid (UO2) ist nun der eigentliche Stoff zur Fertigung der Brennelemente. Das Urandioxid-Pulver wird gepresst und in einer Wasserstoffatmosphäre bei hoher Hitze gesintert. Es entstehen Urandioxid-Pellets, die geschliffen und in die Hüllrohre des Brennstabes eingesetzt werden. Die Brennstäbe werden nun in die Kernkraftwerke geliefert.

Prinzipieller Aufbau eines Brennstabes: Das spaltbare Material ist angereichtertes Urandioxid (1). Es wird von Isoliertabletten aus Aluminiumtrioxid (2) eingerahmt. Am unteren Ende des Stabes dichtet diesen eine Isolierhülse (4) ab. Im oberen Bereich gleichen Druckfedern (3) das Raumvolumen für das während des Spaltvorgangs entstehende Gas aus.

Prinzipieller Aufbau eines Brennstabes: Das spaltbare Material ist angereichtertes Urandioxid (1). Es wird von Isoliertabletten aus Aluminiumtrioxid (2) eingerahmt. Am unteren Ende des Stabes dichtet diesen eine Isolierhülse (4) ab. Im oberen Bereich gleichen Druckfedern (3) das Raumvolumen für das während des Spaltvorgangs entstehende Gas aus.

Ausgebrannte Elemente

Die Betriebsdauer eines Brennelementes in einem Leichtwasserreaktor beträgt ca. vier Jahre. Danach ist der Anteil des nutzbaren Brennstoffes unter ein brauchbares Niveau abgesunken und die Neutronen absorbierenden Stoffe haben zugenommen. Dadurch kann das Brennelement nicht mehr optimal zur Leistung des Reaktors beitragen. Bei jeder jährlichen Revision werden jedoch nur rund 25% der Brennelemente erneuert. Die verbleibenden Brennelemente werden in ihrer Position umgelagert, um ein optimales Leistungsniveau des Reaktors zu erreichen.

Ausgebrannte Brennelemente werden aus dem Reaktorkern entfernt. Sie verlassen allerdings noch für eine Zeit von bis zu fünf Jahren nicht das Reaktorgebäude, sondern werden im so genannten Abklingbecken zwischen gelagert. Der Transport der Brennelemente erfolgt stets unter Wasser. Auch das spätere Beladen der Castro-Transportbehälter erfolgt unter Wasser. Dabei wird darauf geachtet, dass das Äußere des Behälters nicht direkt mit kontaminierten Wasser in Berührung kommen kann.

Jedes Kernkraftwerk sieht Zwischenlagerungskapazitäten von bis zu 40 Jahren vor. Danach müssen die ausgebrannten Brennelemente der Wiederaufbereitung bzw. der Endlagerung zugeführt werden.

Wiederaufbereitung

Die ausgebrannten Brennelemente beinhalten sowohl radioaktiven Abfall als auch weiterhin brauchbare Spaltprodukte wie Uran und Plutonium. Diese gilt es, aus den Brennelementen wieder zu gewinnen. In einer speziellen Wiederaufbereitungsanlage – in Europa existieren zwei davon im französischen La Haque und im britischen Sellafield – werden Uran, Plutonium und nicht verwertbare Spaltprodukte und Abfallstoffe voneinander getrennt.

Die Wiederaufbereitung beginnt mit der Zerkleinerung der Brennelemente. Anschließend werden die ca. 5 cm langen Stücke in Salpetersäure aufgelöst. In einem ersten Schritt werden gasförmige Abfälle und Brennelement-Schrott ausgesondert. In weiteren physikalisch-chemischen Schritten erfolgt dann die Trennung von salpetersaurer Uran- und Plutonium-Lösung sowie der übrigen nicht verwertbaren Spaltprodukte.

Die Plutonium- und Uran-Lösungen werden in entsprechenden Verfahren zu Urandioxid und Plutoniumdioxid verarbeitet und nach einer Reinigung wieder in die Herstellung neuer Brennelemente einbezogen. Die restlichen Abfallprodukte sind zum Teil hochradioaktiv und entwickeln eine starke Nachzerfallswärme. Diese Lösungen werden vorerst in entsprechenden Abklingbecken zwischen gelagert und später für die Endlagerung konditioniert.

Bei der Bewertung der Abfallstoffe wird weniger die Radioaktivität als Maßstab betrachtet, als vielmehr die Entwicklung von Zerfallswärme. Brisant sind dabei insbesondere Stoffe, die eine starke Wärmeentwicklung im Bereich von mehreren Kilowatt haben können. An ein Endlager für derartige Abfälle werden große Ansprüche gestellt, denn die Abfälle können die Temperaturen des umgebenden Gesteins um bis zu 200°C im Endlager erhöhen.

Abfälle mit geringer oder vernachlässigbarer Wärmeentwicklung werden in Metallfässern bzw. in Bitumen- oder Betonmanteln endgelagert. Die brisanten Stoffe mit hoher Wärmeentwicklung werden in Glas eingeschmolzen und damit in eine wasserunlösliche Form überführt. Die verglasten Abfälle bekommen zusätzlich einen Edelstahlüberzug. Bevor jedoch der verglaste Abfall ins Endlager überführt werden kann, wird dessen Lagerungsbeständigkeit überprüft. Da die Lagerzeit extrem lange sicher gewährleistet werden muss, erfolgt eine Prüfung durch Aussetzung des Materials mit kurzen, aber sehr großen Strahlendosen.

Weg der ausgebrannten Brennelemente nach dem Einsatz im Reaktor.

Weg der ausgebrannten Brennelemente nach dem Einsatz im Reaktor.

Das Endlagerproblem

Der verglaste, stark Wärme entwickelnde Müll aber auch die weniger aktiven Abfälle müssen an sicheren Orten endgültig gelagert werden. Dies ist eine bislang in Deutschland hoch umstrittene Problematik. Zwei Standorte sind derzeit im Gespräch: Der Schacht „Konrad“ im Niedersächsischen Salzgitter sollte ab 2013 das Endlager für die weniger aktiven Abfälle, der Salzstock im ebenfalls niedersächsischen Gorleben das Endlager für die stark strahlenden Abfälle werden. Allerdings ist die Diskussion über den finalen Endlagerstandort nach wie vor offen. Bereits heute, während offiziell noch eine Erkundungsphase (jedoch ohne Nennung potenzieller Alternativstandorte) läuft, werden regelmäßig stark Wärme entwickelnde Abfälle aus der Wiederaufbereitung nach Gorleben verbracht und dort eingelagert. Der ebenfalls ursprünglich angedachte Endlagerstandort bei Wolfenbüttel (Niedersachsen) im Bergwerk „Asse“ wurde aufgrund erheblicher Sicherheitsbedenken geschlossen.

Fazit

Die Frage der Endlagerung, für die in Deutschland offenkundig nur Lagerstätten in Niedersachsen ernsthaft geprüft wurden, führt in der Bevölkerung zu einem großen Misstrauen, das der Entwicklung der friedlichen Nutzung von Kernenergie allgemein sehr geschadet hat. Es fehlen nach wie vor sowohl Transparenz in den Entscheidungen als auch in den Hintergrundstrukturen zwischen Politik und Wirtschaft. Darüber hinaus erscheint die Politik als solche extrem inkompetent, da insbesondere die Endlagerfrage nach verschiedenen Rechten bewertet wird. Unterliegt ein nukleares Endlager nun dem Bergbaurecht oder dem Atomrecht? Die Antwort auf diese Frage ist hochgradig brisant, weil sich auch hieraus das Recht auf mögliche Enteignungen zugunsten des Allgemeinwohls ableitet. Eine offene – in der Tat sehr unpopuläre Diskussion findet so gut wie nicht und wenn, dann meist nur auf erheblichen Druck der Öffentlichkeit statt. Bisweilen haben so gut wie alle politisch ernst zu nehmenden Parteien die Chance gehabt, die Endlagerfrage zielführend zu klären. Versagt haben bisweilen grundsätzlich alle Regierungen, ganz egal, welcher politischen Farbe!

(rs/01-2016)