Der englische Begriff „Rebound“ hat verschiedene Bedeutungen: So kann er für „Abprall“ oder sogar „Rückschlag“ stehen, aber auch für einen „Aufschwung“. Doch was verursacht den „Rückschlag“ zum eigentlich ganz anders erwarteten Ergebnis von Energieeffizienzmaßnahmen?

Weltweit steigt der Energiebedarf

Grundsätzlich ist zunächst festzustellen, dass der weltweite Energiebedarf massiv zunehmen wird und zu bedienen ist. Dies begründet sich damit, dass insbesondere in Schwellenländern wie China und Indien immer mehr Menschen vom aufkeimenden Wohlstand profitieren können. Zudem leben in diesen Ländern rund 30% der gesamten Weltbevölkerung und diese Staaten befinden sich erst am Beginn ihrer eigenen Entwicklungsphase, auch wenn sie bereits große Wirtschaftsmächte darstellen. Steigender Wohlstand in den Schwellenländern darf aber keinesfalls überbewertet werden, denn die soziale Entwicklung ist bei weitem noch nicht ausreichend. Die weltweite Zahl der in akuter Armut lebender Menschen ist und bleibt bis auf Weiteres eklatant hoch!

Zum steigenden Energiebedarf wird auch die fortschreitende Automatisierung in der Produktion beitragen. Was einst Menschenhand erschaffen hat, fertigen nun Maschinen. Dank der Entwicklung, die sich hinter dem Begriff Industrie 4.0 verbirgt, werden nicht nur Fertigungsprozesse automatisiert, sondern diese global vor allem nach dem Gesichtspunkt der Kostenreduktion bzw. Kostenvermeidung strukturiert und verlagert. So werden Produktionsstätten nicht nur in so genannte Billiglohnstaaten verlegt, sondern auch die Ferntransporte für Produktionsgüter und Waren zunehmen.

Energieeffizient und doch mehr Energiekonsum?

Es ist nicht nur der Schock beim Erhalt der Stromrechnung, sondern auch Alltag eines jeden Fachverkäufers im Elektro- und Elektronikhandel am Reklamationsstand: Obwohl sparsame Geräte mit Einstufungen in die Energieeffizienzklasse AA oder gar AAA erworben werden, steigt der Energieumsatz spürbar an. Ist also „all das Gerede“ um Energieeffizienz nur Lug und Betrug?

Es lässt sich nicht leugnen, dass auch daran etwas Wahres dran ist, denn Energieeffizienzklassen müssen in ihrer Definition richtig verstanden werden. Beispiele dafür sind zahlreich zu finden. Man betrachte eine Waschmaschine oder einen Geschirrspülautomaten. Diese präsentieren sich sehr gern mit hervorragenden Energieeffizienzklassen in den Katalogen, jedoch gelten diese Angaben nur für ausgewählte Waschprogramme. In der Regel dauern die energieeffizienten Waschprogramme deutlich länger und finden auch bei geringeren Temperaturen statt. Setzt man nun beim Gebrauch der Geräte auf kurze Zeiten und hohe Temperaturen, so wird deutlich mehr Energie umgesetzt. Von einer Ersparnis ist nicht mehr zu reden!

Ebenso sieht es bei moderner Unterhaltungselektronik aus, wie zum Beispiel bei Flachbildschirmen. Diese Geräte werden als sparsam angepriesen. Richtig ist allerdings, dass sie sparsamer gegenüber einem in der Bildschirmgröße vergleichbaren Gerät sind. Flachbildschirme sind jedoch in der Regel mit deutlich größeren Bildschirmdiagonalen, sowie zusätzlichen Leistungsmerkmalen wie „Ambilight“ und Audio-Systeme ausgerüstet und entlasten damit insgesamt nicht den Energiehaushalt.

Als besonders wenig Energie umsetzend werden LED-Leuchtmittel angesehen. In der Tat ist deren Lichtleistung bei vergleichsweise geringer eingesetzter elektrischer Leistung sehr groß. Würde man also 1:1 die Glühlampen gegen LED-Leuchtmittel mit vergleichbarer Lichtleistung ersetzen, wären die Einsparungen tatsächlich signifikant. Die LED-Technik bietet aber vollkommen neue Möglichkeiten im Design von Leuchten, denn sie strahlen nicht viel Wärme ab und es können sehr kleine und doch lichtstarke Leuchtmittel eingesetzt werden. Damit lassen sich beachtliche Effekte erzielen. Diese Leuchten sind meist jedoch mit sehr vielen LED-Leuchtmitteln ausgestattet. Design und die erzielbaren Lichteffekte tragen dazu bei, dass die aufgenommene Gesamtleistung letztlich höher ist als bei einer einfachen Glühlampe.

Signifikant nachteilig wirkt sich der Rebound-Effekt, den sparsame Technologien mit sich bringen, auf die Mobilität aus! - Das Auto ist – auch wenn Experten und einige Studien das Gegenteil postulieren – nach wie vor ein Statussymbol. Ein großes und schnelles Auto leistet sich nicht jedermann, denn Leistung ist nur mit entsprechenden Unterhaltskosten zu bekommen. Frühere „8-Zylinder“ waren reine „Spritfresser“. Wer in seinem Haushaltsbudget auf den Cent achten musste, wählte den Kleinwagen.

Wenn nun große Sportwagen und SUVs im Verbrauch deutlich kostengünstiger werden und deren Finanzierung erleichtert wird, dann ist der Effekt zu beobachten, dass die Einsparung, die durch sparsame Motoren möglich wäre, nicht in einer Senkung von Kosten und auch Emissionen „mitgenommen“ wird. Statt dessen wird die Chance genutzt, auf die nächst höhere Fahrzeugklasse umzusteigen. Sowohl Emissionswerte insgesamt als auch Unterhaltskosten stagnieren also, anstatt sich in fallenden Werten auszuwirken.

Die Entwicklung kleiner, sparsamer und dennoch leistungsfähiger Motoren führt also nicht zwangsweise zur Entlastung von Straßen und zu weniger Emissionen, sondern zur stärkeren Belastung besonders der Innenstädte durch die Nachfrage zunehmend längerer und breiterer Fahrzeuge. Der Trend zum „City-SUV“, einem geländetauglichen Fahrzeug, was ausschließlich in der Stadt auf kurzen Wegen verwendet wird, ist seit Jahren deutlich zu erkennen.

Fazit

Der Rebound-Effekt in der Energietechnik, der sich durch einen Anstieg des Energiekonsums oder zumindest durch eine signifikant geringere Einsparung trotz des Einsatzes wesentlich energieeffizienterer Geräte zeigt, ist in erster Linie durch das Verhalten der Menschen begründet. Prestige, das Ausschöpfen der Möglichkeiten, auch wenn dies nicht zwingend nötig wäre und ein nach wie vor nicht vorhandenes Umweltbewusstsein führen dazu, dass Einsparungen der Geräte im Energiekonsum durch die Masse von Geräten kompensiert werden. Global ist darüber hinaus auch ein zunehmender Wohlstand in den Schwellenländern zu berücksichtigen, der den weltweiten Energiebedarf in der Zukunft massiv steigen lassen wird.

(rs/01-2016)